Monday, August 22, 2016

Ur-Geräusch - unerhört !

Schon die alten Hochkulturen wussten: Du bist Musik! Uns Heutigen hat es der grosse Hörphilosoph Joachim-Ernst Berendt in vielen Büchern klar gemacht: Hören heilt. Auch die Neurowissenschaft ist jüngst darauf gekommen: Du hast Musik im Kopf. Es gibt nichts, das aus Dir herauskommt, wofür in Dir nicht ein Rhythmus eingestellt wird. Keine Bewegung, keine Äußerung, keine Emotion von Dir geschieht ohne einen spezifischen begleitenden Takt mitten in Deinem Gehirn.

Wir schreiben Dir groß, um zu betonen, dass es hier um etwas ganz Großes geht: um Dich.

Was ist denn so mächtig in Dir, dass Du es geflissentlich übersiehst? Es sind 100 000 000 000 Neurone in deinem Kopf, die untereinander billionenfach verschaltet sind. Diese unvorstellbare Zahl ist mit der Milchstrasse vergleichbar. In klaren Nächten auf den Bergen sehen wir einen kleinen Ausschnitt davon, einen Teil einer Speiche des gigantischen Wirbelrades, das unsere Galaxis ist. Selbst dieser Einblick ist überwältigend, denn Milliarden Sterne verschwimmen zu einem blass leuchtenden, unendlich fein gewobenen Band, in dem nur die näher gelegenen Sonnen einzeln erkennbar hervortreten.








Was ist denn so fern, dass Du es niemals ganz erkennst? Es ist das Universum, von dem Du nur ein winziges Staubkorn bist. Was ist denn so nah, dass Du es niemals umfassend erkennst? Es ist dein Gehirn, das ebenso komplex wie unsere Galaxis ist. Es liegt Dir so nah, dass du es niemals durchschaust, ja, dass Du dich dabei verlierst. Es ist Du selbst. Du bist Dein Gehirn.

Was wir davon erleben, ist der dünne, aber unablässige Strom unseres Bewusstseins, der die Abfolge der meist kleinen, manchmal grösseren, selten überwältigenden Wahrnehmungen, Erlebnisse, Sternstunden bildet. Im Schlaf setzt es sich zeitweise in Träumen fort. Wir können unser Bewusstsein passiv erleben sowie aktiv steuern, gestalten und beschreiben. Aber wir können niemals direkt erleben, was unsere Nächsten erfahren. Deine Nächsten erleben von Dir getrennt ihren eigenen Film. Wenn zwei oder drei beieinder sind, so sind zwei oder drei Parallelwelten beieinander. Die können sich zwar austauschen, in Mimik, Gestik, Sprache, aber es gibt immer die schmerzlich spürbaren Differenzen. Jedes erlebt es anders, was ihm sein je eigenes Gehirn zuspielt.

Sie können zusammen aber auch Musik machen. Und dabei kann etwas Einzigartiges geschehen: Sie geraten zuweilen in ein gemeinschaftliches Erlebnis, eine Art von Trance oder Flow. Es herrscht, so lange die Musik fortdauert, im besten Fall eine weitgehende Übereinstimmung der sonst getrennten Erlebniswelten, es herrscht eine harmonisch gefärbte, rhythmisch durchpulste, fast mit den Händen zu greifende Magie. Wir spüren, dass alle Sinne teilhaben wollen an dem Namenlosen, das hier geschieht. Weil der tonale und rhythmische Informationsaustausch Sekunde für Sekunde so intensiv ist, viel intensiver als durch Sprache oder irgendeine andere Weise der Kommunikation, verschmelzen die Bewusstseinshorizonte. Am besten lässt es sich im Jazz beobachten, wenn die Gruppe frei improvisiert. Hier ist das Bindende am stärksten.

Was würde geschehen, wenn Du die Musik in Deinem Kopf hören könntest? Wenn dir die Rhythmen und Tonfolgen, die alle deine Bewusstseinselemente steuern, hörbar ausgespielt würden? Rilke mag sich das gefragt haben, als er sein Essay “Ur-Geräusch” niederschrieb. 1919 im Palazzo Salis in Soglio brachte er es zu Papier: “In dem oft so eigentümlich wachen und auffordernden Lichte der Kerze war mir soeben die Kronennaht ganz auffallend sichtbar geworden, und schon wusste ich auch, woran sie mich erinnerte: an eine jener unvergessenen Spuren, wie sie einmal durch die Spitze einer Borste in eine kleine Wachsrolle eingeritzt worden waren!” Rilke betrachtete einen menschlichen Schädel, der zum Zweck anatomischer  Studien auf seinem Schreibtisch stand. Dessen Kronennaht (Kreuznaht, anatomisch die Naht welche die Scheitelbeine gegen vorn mit dem Stirnband verbindet) erinnerte ihn an die zittrige Spur in der Wachsschicht des ersten Phonographen, an dem er als Junge in der Physikstunde mitgebastelt hatte. Die dort erstmals gehörte Sonifikation seiner oszillographisch eingravierten Stimme war zweifellos eine prägende Erfahrung. Denn er fragte sich - ja es verfolgte ihn jahrelang - was geschehen würde, wenn die Nadel des Grammophons statt einer Tonaufnahme diese Schädelnaht abtasten würde.



“Was wird mir nun immer wieder innerlich vorgeschlagen? Es ist dieses: Die Kronen-Naht des Schädels hat … eine gewisse Ähnlichkeit mit der dicht gewundenen Linie, die der Stift eines Phonographen in den empfangenden rotierenden Zylinder des Apparats eingräbt. Wie nun, wenn man diesen Stift täuschte und ihn, wo er zurückzuleiten hat, über eine Spur lenkte, die nicht aus der graphischen Übersetzung eines Tones stammte, sondern ein an sich natürlich Bestehendes –, gut: sprechen wir es nur aus: eben die Kronennaht wäre –: Was würde geschehen? Ein Ton müsste entstehen, eine Ton-Folge, eine Musik … Gefühle –, welche? Ungläubigkeit, Scheu, Furcht, Ehrfurcht –: ja, welches nur von allen hier möglichen Gefühlen verhindert mich, einen Namen vorzuschlagen für das Ur-Geräusch, welches da zur Welt kommen sollte …
Dieses für einen Augenblick hingestellt: was für irgendwo vorkommende Linien möchte man da nicht unterschieben und auf die Probe stellen? Welche Kontur nicht gewissermaßen auf diese Weise zu Ende ziehen, um sie dann, verwandelt, in einem anderen Sinnes-Bereich herandringen zu fühlen?”

In genau dieser erwartungsvoll-neugierigen Gemütslage unterschieben wir nun, hundert Jahre später, nicht die Kronennaht des Totenschädels, sondern die lebendige “dicht gewundene Linie” des Elektroenzephalogramms dem “Stift des Phonographen”, der - wie könnte es anders sein - heute durch weit raffiniertere Instrumente und Algorithmen ersetzt ist, um als quasi musikalische Klangfolge die chaotisch-rhythmische Ur-Botschaft des lebendigen Gehirns hinüberzubringen in den auditorischen Sinnesbereich, also abzuhören, und sie so umgehend zurück zu koppeln in die Quellgebiete des Bewusstseins in ein und derselben Person, um zu erfahren, was dann geschieht. Diese Ur-Schleife hat es in sich. Rilke hätte sich dafür gewiss ungemein interessiert.

Wir möchten nichts verraten und nicht spekulieren, was dann geschieht. Das solltest Du schon selber probieren und erfahren dürfen. Auf jeden Fall hast Du so etwas Persönliches, so etwa Ur-Eigenes noch nie gehört. Komm zu uns, lass uns Dein “Ur-Geräusch”, dem Rilke keinen Namen zu geben wagte, mit den heutigen Mitteln herstellen und erfahre dessen Wirkung an Dir selbst.

Weiter unten im Text liess Rilke durchblicken, wie stark das wirken kann, wenn er eine Beraterin zitiert, die ausrief, “diese wunderbare, zugleich einsetzende Befähigung und Leistung der Sinne sei doch nichts anderes, als Geistesgegenwart und Gnade der Liebe.” Für Rilke, der sehr unter Widersprüchen und Einseitigkeiten litt, war dieser Versuch aus der Physikstunde das ultimative Experiment, der Schlüssel zur ersehnten Überwindung der Spaltung und Abkabselung, der in der Wiedereingliederung (Re-Integration) aller Sinne liegt. Geben wir ihm, dem Feinsinnigsten unter den Poeten, das letzte Wort: “Sieht man sich aber nun nach einem Mittel um, unter so seltsam abgetrennten Bereichen die schliesslich dringende Verbindung herzustellen, was könnte versprechender sein als jener, in den ersten Seiten dieser Erinnerung angeratene Versuch?”

Willst du dein Ur-Geräusch hören, ruf hier an:

Gratis Info Tel. Schweiz 044 715 54 27 oder bruno.fricker@spectralab.ch

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